Bericht über den Marathon in Madrid (ESP) am 27.04.2008
Zum Marathon von Madrid hatte ich mich noch in 2007
angemeldet, aber trotzdem gab es eine Reihe von Problemen, die eigentlich in
der Zeit des Internets nicht mehr sein müssten. Ich habe alle
nützlichen Tipps zusammengefasst, und berichte auf dieser Seite im Wesentlichen nur über den
Lauf selbst.
Am Sonntagmorgen um 9 Uhr war Start. Das Wetter war gut:
trocken, 16 Grad und bis zu 28 Grad waren versprochen, also kurze Laufkleidung
angesagt. Bereits beim Aufrücken - ich stand relativ weit vorne - große Hektik:
Während man in deutschen Landen ruhig Richtung Startlinie aufrückt, wird hier
schon gelaufen. „Das kann ja heiter werden“, geht es mir durch den Kopf.
Dann der Startschuss. Sofort rasen die hinter mir
gestarteten Läufer an mir vorbei. Ich werde vielfach überholt. Ich bleibe
jedoch ruhig, will eine Zeit um 3:45 h laufen, wohl wissend, dass nächste Woche
die DM in Mainz anstehen; den Start in Madrid hatte ich jedoch schon viel
früher gebucht als man mich zur Teilnahme in Mainz bat - daher beide Starts.
Nach 3 km höre ich zum ersten Mal in mich hinein, es geht
hier auch schon zum 1. Mal bergan. Ich atme ruhig und fühle mich gut, aber: ich
werde überholt. Wir kommen am berühmten Estadio Santiago Bernabeu vorbei; hier
ist Real Madrid zuhause. Am Abend wird hier gegen Bilbao gespielt, und ich
werde versuchen eine Karte zu bekommen…
So geht es weiter Richtung km 10, noch immer 16 Grad. Ich
fühle mich immer noch gut, und werde noch immer überholt, nicht nur einzeln, zu
Hunderten. Macht nix, der Weg ist noch weit…
Ab km 12 sind wieder mehr Zuschauer. Dies steigert sich
noch, als wir über die Gran Via, der Hauptschlagader Madrids, ins Herz der
Stadt, die Fußgängerzone laufen. Die tollsten Straßen wurden für uns gesperrt,
und ein erstes Gänsehautfeeling machte sich breit. Die Temperaturen steigen
langsam auf 20 Grad, in der Sonne sind es mehr.
Ich fühle mich gut, aber werde noch immer überholt. Trotzdem sind auch schon
die ersten Ausfälle zu beklagen…
Über die Calle Major gelangen wir zur Kathedrale und zum
Königspalast. Die Touristen schauen ganz verwundert über das, was hier vorgeht.
Die Strecke steigt insgesamt immer wieder etwas heftig,
fällt dann aber Richtung Casa de Campo, dessen Park wir gleich durchlaufen,
stark ab.
Übrigens: ein Wort zum Streckenprofil: dieses ganze Auf und
Ab ist dort nur als relativ harmlos auszumachen. Wenn man dies mit der
Wirklichkeit vergleicht, kommt dieses Streckenprofil einer Urkundenfälschung
gleich.
Im Parque del Oeste und Parque de Campo spüre ich leichte
Schmerzen in der Hüfte; das Tempo von 5:30 min/km liegt mir nicht - so meine
Diagnose.
Inzwischen haben mich auch die Pacemaker von 3:45 h überholt
und ziehen einen ganzen Bus von Läufern hinter sich her. Ich will noch nicht
aufspringen: der Bus ist mir noch zu voll!
Ich spüre immer mehr, dass dies nicht mein Tempo ist, aber:
nächste Woche ist Mainz.
Das Wetter ist Klasse, mir geht es gut, ich werde nicht mehr
überholt. Ich habe die Schnauze voll: Mainz ist nächste Woche, heute bin ich
hier: der kleine Günni im großen Madrid: Ich will Spaß - und gebe Gas.
Der nächste km in 4:54 min, der übernächste genauso, der HM
ist längst vorbei.
Ich rausche auf km 27 zu und bin glücklich. Ich überhole,
erst einzelne, dann mehrere, dann ganz viele, auch meinen Bus. Einige steigen
aus, viele machen Pause. All diese Leidengeschichten kenne ich von all meinen
Marathons - immer wieder die gleichen Bilder. Helfen kann man als Läufer nicht,
dafür sind die Sanitäter da.
Aber mir geht es gut, sogar immer besser, ich überhole. Dann
zwischen km 34 und 37 eine lange Gerade. Trinken, immer wieder trinken, heißt
die Parole. Ich denke an die berühmte Kuh „Elsa“ und kippe soviel Wasser
hinein, wie es geht. Das Wasser bekommt man übrigens in 0,3-l-Flaschen, das ist
genial. Die Verpflegungsstellen sind gut bestückt, auch mit geübtem Personal.
Hier merkt man, dass es bereits der 31. Madrid-Marathon ist.
Dann laufen wir am Bahnhof Atocha mit dem Palmengarten
vorbei. Hier hinterließen im Jahr 2004 islamische Terroristen ihre Spuren: 191
Menschen fanden damals den Tod - schrecklich….
Weiter geht es wieder schön bergan Richtung km 40. Ich
trinke nicht mehr, es geht nichts mehr rein; inzwischen bin ich wieder
langsamer geworden: es ist jetzt 25 Grad, aber es wird wieder flach.
Noch ein Stück und wir biegen ein Richtung Retiro-Park, den
ich am Vortag erkundet habe: eine gigantische Zielgerade; die Sonne scheint mir
aufs Geweih (trotz Mütze), das Publikum tobt - ich bin in einer anderen Welt:
„Herr, lass den Marathon 43 km sein“, schießt es mir durch den Kopf. Ich will
nicht aufhören zu laufen, zu schön sind diese Momente. Doch dann kommt sie
unwiderruflich auf mich zu: die Zeillinie mit Uhr. Schade! Die Uhr bleibt für
mich bei 3:42 h stehen, auch gut.
Und dann gibt es Idioten, die mich schon mal fragten, wovor
ich weglaufe!
Ich laufe nicht weg, ich laufe auf etwas zu!!
Dann gibt es die heute überflüssige Kunststofffolie, viel zu
trinken, zu essen, das Gepäck und erst ganz kurz vorm Ausgang: die Medaille -
allerdings nicht zum Umhängen, sondern zum Aufstellen.
Danach geht es mit der Metro zurück ins Hotel - und am
Abend: ins Bernabeu-Stadion, wo es mir tatsächlich gelingt eine Karte zum
normalen hohen Preis zu ergattern.
Real gewinnt mit 3:0 gegen Bilbao. Ein erfolgreicher Tag
fand an der Hotelbar ein entspanntes Ende…
Übrigens: Madrid ist eine tolle Stadt. Man kann auch mal was
für die Kultur tun, da es hier großartige Museen gibt. Ich selbst war im Museum
der Reine Sofia, wo sich Senor Picasso die Ehre gibt.
Für Nachtschwärmer wird hier sehr viel geboten.
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