„Highway to Hell“ oder „Das größte Laufabenteuer meines Lebens“

Ein Bericht von Günter (Günni) Pink vom Transalpine-Run 2008

 

Tag 4: von  Neukirchen am Großvenediger (A) nach Prettau im Ahrntal (I) am 02.09.2008

 

Heute war für mich nach dem Einbruch von vorgestern „Tag der Wahrheit“.

2000 Höhenmeter und 46 horizontale Kilometer warteten auf uns. Sollte ich diese Etappe schaffen, hätte ich eine realistische Chance doch noch bei den drei Zinnen anzukommen.

 

Dies waren die Fakten:

Vertikaldistanz: 2051 Höhenmeter im Aufstieg, 1457 Höhenmeter im Abstieg

Horizontaldistanz: 46, 22 km

Startzeit: 07.00 Uhr

Zeitlimit: bis zur V3: 7 h

 

 „Highway to Hell“ sorgte an diesem Morgen, der regnerisch begann, für ein echtes „Gänsehautfeeling“ bei mir. Ich war für die Entscheidung bereit, so oder so – hopp oder top !!!

Am Start herrschten 14 Grad Celcius, der Regen ließ nach; es war in Aussicht gestellt worden, dass die Wolken aufreißen.  Das ließ hoffen, schließlich wartete als höchster Punkt die Birnlücke mir ihren 2669 m. Deshalb wurden heute auch schärfere Gepäckkontrollen durchgeführt.

 

Die ersten 12 km waren wieder relativ flach. Ich ging ziemlich flott an, Theresia hatte Probleme zu folgen. Trotzdem eine gute Zwischenbilanz bei km 12: nach 1:15 h Laufzeit hatten wir auch ein Plus von 1:15 h. Das beruhigte etwas, denn der ultimative Aufstieg zur Birnlücke ließ Böses erahnen.

Nach V1 ging es erst einmal 550 Höhenmeter Richtung Hochplateau. Während dieses Anstieges passierten wir die herrlichen Krimmler Wasserfälle.

 

Auf dem Hochplateau ging es im Wesentlichen flach Richtung V2. Theresia bekam hier Probleme; zeitweilige Husten- und leichte Asthma-Anfälle kosteten uns viel Zeit.

 

Dann wurde es langsam immer steiler: ab km 30 war nur noch gehen angesagt. In Serpentinen kämpften wir uns Schritt für Schritt nach oben. Je höher wir kamen, desto langsamer wurden wir. Die dünner werdende Luft und die Anstrengungen der letzten Tage forderten ihren Tribut….

Es wurde kalt, dazu ein kräftiger Wind. Wir zogen unsere Jacken an, ebenso Handschuhe und Schal, auch eine lange Hose. Bei eintretender Wetterverschlechterung war sogar mit Schnee zu rechnen. Aber davon blieben wir Gott sei Dank verschont.

 

Eigentlich hätte die Birnlücke schon auftauchen müssen; sie tat es aber nicht. Wenn man dachte, jetzt sei der Scheitelpunkt erreicht, ging es noch mal weiter.

Doch dann war es endlich soweit: Mitglieder der Bergrettung empfingen uns ziemlich oben, machten uns Mut, kontrollierten aber auch unseren Zustand…

 

Danach ging es wieder sehr steil Richtung V3; aber ich war heute sehr stark, verfügte über eine tolle Trittsicherheit. So lief ich viel über Gras nach unten, manchmal so steil, dass Fußspitze und Knie auf einer Linie waren. Jede Primaballerina wäre stolz auf mich gewesen. J

Aber ich rutschte nie weg, hatte auch nie den Anflug einer Höhenangst, auch nicht ganz oben. Ich fegte diesen Berg hinab wie ein erfahrener Hase. Ich witterte Morgenluft!!

Plötzlich war ich da, wo ich immer hin wollte: ab sofort war ich im Rennen angekommen!!! Die aufkommende Euphorie trug mich nach unten, ließ mich die Schmerzen in den Oberschenkeln vergessen. Mein Selbstbewusstsein war wieder da. Ich war nicht mehr der resignierende Mitläufer vom Sonntag; ich war jetzt ein starker Teil des Läuferfeldes und vor allem des Teams, dessen Führung ich jetzt endgültig übernahm….

 

Weiter unten musste ich auf Theresia warten. Eigentlich verlor sie gar nicht soviel Zeit auf mich, aber irgendwie wollte die V3 nicht kommen; die Zeit wurde knapp.

Theresia und ich wunderten uns und gaben Gas; aber V3 wollte und wollte nicht erscheinen. Irgendetwas stimmte hier nicht!!

Dann endlich: die Verpflegungsstelle; wir hatten nur noch 10 min Zeit. Aber es klärte sich auf, dass diese verlegt worden war, weiter Richtung Ziel – daher hatten wir auch noch 40 min Zeit.

Nach V3 ließen wir es dann etwas ruhiger angehen, Wir arbeiteten uns km für km ins Ziel, das wir dann nach 7:29 h erreichten. In der Platzierung schnitten wir seit gestern immer schlechter ab, aber das war Nebensache. Seit Sonntag war klar, dass es für unser Team nur noch ums Ankommen geht – und das war schon schwer genug.

 

Da Theresias Gesundheit mir nun mehr Sorge bereitete als alles andere, wurde ich aktiv:

Ich besorgte ihr ein Zimmer in meinem Hotel, das wir jetzt 2 Tage hatten. Würde sie länger im Camp bleiben, könnte sie gleich nach Hause fahren.

 

So aber hatten wir hier Halbzeit: 160 km und etwa 8800 Höhenmeter sind geschafft!!!

Zwischenbilanz:

Wir haben eine echte Chance!!!

 

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