Bericht über den Marathon in Kopenhagen am 23.05.2010

 

Endlich führte mich mein Weg mal wieder in eine europäische Hauptstadt, die ich noch nicht mittles Marathon beehrt hatte: Kopenhagen, die Hauptstadt Dänemarks, stand auf dem Programm. Damit war das Pfingstwochenende auch schon komplett ausgebucht!

 

Allgemeines:

Einen Tag Urlaub mussten Margit und ich schon opfern, um bereits am Freitag anreisen zu können. Mit Germanwings ging es ab Flughafen Köln/Bonn Richtung Norden. Es war trockenes Wetter mit Temperaturen um 20 Grad angesagt.

Dort angekommen, machten wir uns auf die Suche nach der Metro. Laut Reiseführer war dies der beste Weg um in die Stadtmitte zu gelangen. In einer so großen Stadt wie Kopenhagen ist aber Stadtmitte nicht unbedingt Stadtmitte. Unser Hotel lag in der Nähe des Hauptbahnhofs, die Metro fuhr da aber nicht hin, sondern ans andere Ende der Fußgängerzone. Von dort zog ich dann kurzentschlossen unseren Koffer mit der inzwischen lädierten Rolle durch die Stadt. Wenn man mal davon absieht, dass wir so die ersten Eindrücke erhielten, war es ein schweißtreibendes Unterfangen.

Es wäre besser gewesen mit dem Zug zum Hbf zu fahren. Das dauert nur 12 min, und man ist wirklich zentral. Aber hinterher ist man immer schlauer!

 

2 Probleme, die uns immer wieder berührten, taten sich dabei bereits auf:

Problem 1: die Sprache:

Sicherlich ist dies ein generelles Problem in einer ausländischen Stadt, aber es ist nicht das Sprechen – wobei ich mich gerne der englischen Sprache bediene – sondern das Lesen: An kaum einem Automaten oder sonstwo steht außer dänisch eine alternative Sprache zur Verfügung. Das Kaufen einer Fahrkarte kann somit schon zum Abenteuer werden.

Problem 2: das Bezahlen:

Man kann natürlich vieles in bar bezahlen. Problematisch wird es, wenn man mit Kreditkarte bezahlen will. Ist das Gegenüber ein Mensch, kann man z.B. mit VISA und der Unterschrift bezahlen. Aber eigentlich wird eine PIN erwartet. Mal ehrlich: wer hat eine PIN im Kopf, die er normalerweise nicht benötigt?? Die Automaten hier interessiert das nicht. Keine PIN – keine Fahrkarte!!

 

Die Stadt:

Wenn ich im Jahr 2008 anlässlich des Oslo-Marathons davon gesprochen habe, dass Oslo die pulsierende Stadt des Nordens sei, dann ist man in Kopenhagen an der Hauptschlagader!!!

Überall dort, wo ein freier Platz und etwas Sonne sind, versammeln sich Menschen zum Shoppen, Feiern, Musizieren und Fröhlichsein! Die Stroget – die riesige Einkaufsmeile – ist nicht zu verfehlen und gleicht einem Ameisenhaufen.

Überall begegnen uns ausgelassene und scheinbar ausgeglichene Menschen. Die Stroget ist auch noch bevölkert, wenn die Geschäfte schon geschlossen sind.

Am Samstag führte uns unser Weg zur Startnummernausgabe. Man kann dorthin fahren, aber wir zogen es vor, zu gehen. Wir sollten es nicht bereuen:

Auf dem Rathausplatz war bereits ein buntes Treiben: Verschiedene Vorführungen wurden hier gezeigt mit viel Musik und buntem Treiben. Dann tauchten wir in die Stroget ein. Doch dann plötzlich ein Stau, viel Musik, Radau, Getrommel. Der Hintergrund: wir waren ausgerechnet am hiesigen „Karnival“ gelandet und befanden uns nun mitten drin. Samba-Gruppen und viele kostümierte Menschen strahlten mit der Sonne um die Wette.

Trotz der ausgelassenen Stimmung blieben uns die vielen Monumente, Türme und sonstige architektonischen Bauwerke bzw. Skulpturen nicht verborgen. Über 150 Fotos wurden von uns geschossen.

So bestiegen wir gegen ein kleines Entgelt auch den bekannten „runden Turm“, kämpften uns weiter ans Ende der Stroget, um auf der anderen Straßenseite in den botanischen Garten einzutauchen.

Hier kann man alles kostenlos besichtigen.

Danach ging es über die Hauptstraße zum eigentlichen Zwischenziel: die Startnummerausgabe direkt am Osterbro-Stadion. Dort ging alles reibungslos vonstatten. Eine etwas zu kleine Halle beherbergte auch noch die Marathonmesse.

Draußen ging gerade der Mini-Marathon für die Jugend zu Ende.

 

Wir hielten uns hier nicht lange auf, sondern begaben uns auf die Suche nach der kleinen Meerjungfrau. Wir wussten zwar, dass sich diese zurzeit auf der Weltausstellung in Shanghai befindet, aber ein Künstler hatte sich den Gag erlaubt als „Ersatz“ eine Meerjungfrau in Skelettform dort zu stationieren. Leider fanden wir aber nur einen leeren Stein vor…

 

Nun begaben wir uns Richtung Nyhaven (neuer Hafen). Was dort los war, ist kaum zu beschreiben: überall standen, saßen, gingen Leute. Alle genossen die Sonne, das Bier, den Kaffee, die Zigarette, die Musik, das Wasser, das Leben!!!

 

Der Arm eines Seekanals ragte hier in die Stadt. Links und rechts davon ließen sich die Menschen nieder oder fuhren mit einem der zahlreichen Touristenboote in den Hafen hinaus. Ein gigantisches Schauspiel! Auch wir genossen die Freiheit, die wir hier spürten bei Eis, Kaffee, Bier.

Später besuchten wir noch die Kathedrale, den Königspalast, etc, etc…

Wer sich hier langweilt, ist selbst Schuld! Wer keine Menschen mag, ist hier falsch. Aber genau die sind es, die das Flair dieser Stadt ausmachen.

Kinder sind überall dabei; man sieht viele Schwangere. Es wird wenig geraucht, allerdings sind 80 % der Raucher weiblich; dafür sind 80 % derjenigen, die eine Dose Bier in der Hand halten, männlich.

 

Abends bewaffneten wir uns mit einer Flasche Rotwein, zogen uns gegen 21:30 h auf unser Zimmer zurück und verfolgten das Champions-League-Finale.

 

Der Marathon:

Am nächsten Morgen meldete sich um 7 Uhr der Wecker: es war Marathontag!!

Also raus aus den Federn, duschen, frühstücken, tapen, Abmarsch.

 

Das Start- und Zielgelände lag auf der gegenüber liegenden Seite eines Gewässers, das einem Kanal ähnelte. Der Weg dorthin war einfach zu finden: immer den anderen hinterher. Was mir bei der Vorbereitung zu dieser Veranstaltung entging, zeigte sich jetzt überdeutlich: es handelt sich hier nicht um eine kleine Veranstaltung. Etwa 14.000 Marathonis und Marathoniquen machten sich auf den Weg über die Brücke.

 

Margit kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Noch nie hatte sie soviele Läufer live auf einem Haufen gesehen.

Auf der anderen Seite angekommen, begab ich mich sofort zur Startaufstellung. Trotzdem war ich schon ziemlich hinten angesiedelt. Es gab keine Blockeinteilung, was das Ganze sehr erschwerte.

Da schon die Sonne schien, stand ich in kurzen Klamotten in der Menge.

Um 9:30 Uhr erfolgte der Startschuss, und die illustre Gesellschaft machte sich auf ihren 42,195 km langen Weg.

Ich benötigte knapp 10 min um über die Startlinie zu laufen. Danach ging es aber überraschenderweise recht zügig weiter.

 

Zunächst liefen wir eine Schleife, um auf die Brücke zu gelangen. Nach der Brücke machten wir den ersten Ausflug in die Innenstadt, dann mit einem Rechtsbogen ging es ans Wasser, an die Stelle, an der sich eigentlich die Meerjungfrau befinden sollte. Zuvor war kurz hinter km 4 die erste V-Stelle. Leider konnte ich nichts zu trinken erhaschen, da ich einfach nicht an die Tische heran kam. So lief ich einfach weiter, überholte dabei ca. 200 Läufer und hoffte auf die nächste V-Stelle.

 

Auf dem Weg dorthin war mir jedoch der „Bus“ mit den 4h-Läufern im Weg. Ca. 500-800 Marathonis folgten den von Zugläufern getragenen Luftballons. Kurz vor der 2. V-Stelle wollte ich mich an ihnen vorbei kämpfen, musste aber einen „Technischen Halt“ einlegen. So lief ich wieder hinterher und erkämpfte mir einen Becher mit so einem blauen Zeug. Normalerweise trinke ich nur Wasser und Cola, kein Iso. Aber jetzt musste es sein. Dabei konnte ich froh sein, heil aus diesem Pulk herauszukommen. Die anderen traten mir auf die Füsse und kippten alles Mögliche über mich. Vielleicht sollte sich der Veranstalter überlegen, die V-Stellen anders, vor allem länger zu gestalten.

Die Temperaturen stiegen, und der Körper brauchte Flüssigkeit.

 

Weiter ging es teilweise über Kopfsteinpflaster und Unebenheiten. Manchmal musste ich bremsen, weil durch die eine oder andere Baustelle ein Engpass entstand. Bei scharfen Kurven wollten alle innen laufen, so dass es auch dort zu Verzögerungen kam.

 

Nun machte ich mich daran die 4h-Gruppe zu überholen. Die Musik, die die Nähe zur City verriet, feuerte mich an und durch einen regelrechten Zwischenspurt kam ich endgültig vorbei. Fortan konnte ich im Wesentlichen lockerer laufen, obwohl ich jetzt schneller vorankam.

 

Die Strecke führte nun wieder zurück Richtung Brücke, machte aber kurz davor einen Bogen und wir liefen nun mehr in den Südwesten der Stadt. Hier lief man einige hundert Meter immer wieder mit Gegenverkehr. Und es war nun ruhiger. Es standen weniger Zuschauer am Rand – Gelegenheit mal wieder in sich hineinzuhören. Die ersten Ausfälle waren schon längst zu beklagen. Bei Halbzeit hatte ich eine Zeit von knapp 1:55 h. Aber es wurde wärmer, geschätzte Temperatur: 20 Grad.

 

Langsam liefen wir wieder auf unsere Startbrücke und kurz vor km 25 traf ich Margit. Sie reichte mir ein Powergel und ich kündigte meinen Zieleinlauf auf kurz nach halb zwei an.

Weiter ging es wieder zur ausgeliehenen Meerjungfrau, dann über eine Brücke, die schon beim ersten Durchlauf quietschte und vibrierte.

 

Nun änderte sich das Wetter sehr schnell. Es kamen schon seit einiger Zeit Wolken auf, jetzt aber blies ein sehr heftiger Wind, der uns allen sehr zu schaffen machte. Wer glaubt bei so vielen Läufern irgendwie im Windschatten laufen zu können, der irrt. Der Wind ist viel zu böig. Die Trinkbecher fliegen jetzt durch die Gegend; der Wind macht mir ihnen, was er will.

 

Wir aber laufen jetzt wieder in den Park, dort wo wir gestern die Startunterlagen abgeholt haben. Jeder kämpft für sich gegen die aufkommende Müdigkeit und die Unbilden des Windes. Auch mein Tempo verringert sich langsam, habe aber keine Probleme, die mein Ankommen vereiteln könnten. Lediglich die rechte große Zehe beginnt zu pieksen. Aber damit kann und vor allem will ich mich nicht näher beschäftigen. Das würde nur aufhalten, aber nichts bringen. Soll sich doch eine Blase bilden, na und??

Die Schmerzen im rechten Oberschenkel, die zwischenzeitlich mal stärker waren und immer noch nicht ganz verschwunden sind, ärgern mich viel mehr.

 

Langsam kommen wir wieder ins Zentrum, die Ausfälle häufen sich, die Sanitäter haben jetzt jede Menge zu tun. Die Rettungswagen sind pausenlos im Einsatz. Manche Läufer gehen bis an ihre Grenzen und darüber hinaus…

Ein Läufer, den ich sehe, ist nicht mehr in der Lage aufzustehen. 2 Frauen versuchen ihn aufzurichten, statt seine Beine hochzulegen. Er hätte hier noch 3 km zu laufen, dabei schafft er keine 3 Meter mehr. Ein anderer Zuschauer springt jetzt beherzt dazu und legt den kollabierten Läufer hin. So brauche ich meinen Lauf nicht zu unterbrechen. Ich denke die Situation war ernst…

Aber ich bin kurz danach wieder bei meinem eigenen Lauf, bei meinem Hauptstadt-Marathon. Ich werde ankommen. Trotzdem macht sich Margit Gedanken, verursacht durch das laute „tatü-tata“, das immer öfter aus den Straßen zu ihr dringt. Auch im Zielbereich spielen sich teilweise hektische Szenen ab.

 

Ich überquere die Startbrücke, getragen vom Applaus der Zuschauer und biege kurz darauf auf die Zielgerade ein. Die jetzt durch die Luft wirbelnden Blütenblätter der Bäume wirken wie Konfetti.

Im Gefühl des sicheren Sieges überkommt mich doch noch eine gehörige Gänsehaut!

Marathon, ich liebe Dich!!!

 

Kurz nach halb zwei (13:32 h) überquere ich die Ziellinie.

 

Nach dem Empfang der Medaille und der Abgabe des Chips, mache ich mich auf die Suche nach Margit. In dem Getümmel ist sie schwer auszumachen. Zum Glück hatten wir uns einen Treffpunkt ausgemacht, den ich nun ansteuerte. Auf dem Weg dorthin kam Margit auf mich zu – froh mich wieder gefunden zu haben.

 

Nach einem kurzen Auftanken ging es zu Fuß zurück ins Hotel zum Duschen.

Der Rest des Tages galt zunächst einem Besuch einer Gaststätte, die ich am Morgen ausgemacht hatte. Dort gab es mein geliebtes belgisches Bier: Leffe brune! Ja, ich hatte es tatsächlich auch hier in Kopenhagen gefunden!

Den Abend ließen wir dann aber im Vergnügungspark Tivoli ausklingen. Schließlich lag er ja vor der Haustür. Das Eintrittsgeld für umgerechnet 12 € ist in Ordnung.

Ansonsten sind die Preise hier eher der gehobenen Mittelklassse zuzurechnen. Möglicherweise ist Kopenhagen sogar die teuerste Stadt Nordeuropas…

Übrigens: wer den Tivoli findet, ist direkt am Hard-Rock-Café…

 

Am nächsten Morgen ging es zeitig zum Flughafen – mit dem Zug absolut kein Problem!

Etwas Wehmut nahmen wir trotz des einsetzenden Regens mit als wir pünktlich Richtung Deutschland abhoben:

Eine gelungene Veranstaltung in einer gelungenen Stadt!!!!

 

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