Bericht über den Marathon in Skopje-Mazedonien am 08.05.2011

 

Skopje ist die Hauptstadt Mazedoniens, das nach dem Bürgerkrieg des Vielvölkerstaates Jugoslawien als selbständige Republik seinen eigenen Weg ging. Es grenzt im Süden an Griechenland, im Osten an Bulgarien, im Norden an Serbien und im Westen an Albanien und den Kosovo. Soviel zur Erdkunde.

Die mazedonische Sprache gilt zwar als eigene Sprache, ist aber dem serbisch sehr verwandt. Das Land gehört nicht der EU an, die Währung ist der mazedonische Denar.

 

Als Marathon-Sammler europäischer Hauptstädte führte mich mein Weg zwangsläufig einmal hierher. Nun war es also soweit. Ich hatte alles generalstabsmäßig vorbereitet, getreu dem Motto, nichts dem Zufall zu überlassen. Dies war nicht nur gut so, sondern, wie sich zeigte, auch absolut notwendig.

 

Zunächst flogen Margit und ich mit der ungarischen Gesellschaft MALEV von Frankfurt nach Budapest, dann mit gleicher Gesellschaft weiter nach Skopje, diesmal allerdings mit einer Propellermaschine. Das birgt etwas mehr Abenteuer, aber wenn die Maschine mal oben ist, geht auch das, und runter kommen ja bekanntlich alle…

 

In Skopje angekommen – der Flugplatz ist im übrigen noch viel kleiner als der in Saarbrücken – ging es erst einmal an den Geldautomaten, um sich mit einheimischer Währung zu versorgen. Dann nahm ich Kontakt mit einem als Läufer verkleideten Engländer auf. Schnell waren wir uns einig, dass wir mit einem gemeinsamen Taxi die Startunterlagen abholen wollten. Zusammen mit unseren Frauen rasten wir so Richtung City.

Der Fahrer, der sogar etwas deutsch sprach, unterstützte uns nach Leibeskräften bei der Suche nach dem Restaurant, in dem es die Startunterlagen geben sollte. Nach mehrmaligem Befragen seiner Kollegen lud er uns in irgendeinem Hinterhof ab. Von „Restaurant“ keine Spur!! Ich bezeichne eine solche Lokation als „Loch“, und damit eines Hauptstadt-Marathons unwürdig. Wir bezahlten 400 Denar (etwa 6,50 €) Startgeld und bekamen dafür ein T-Shirt, Größe XL, unsere Startnummer mit Chip und etwas Lektüre. Nach 17 Uhr gab es übrigens keine Startunterlagen mehr.

 

Dann fuhr uns unser Taxi-Fahrer zu unseren Hotels, wobei unsere Engländer die Erfahrung machten, dass es ihr Hotel gar nicht mehr gab. Margit und ich hatten da mehr Glück. Das Taxi bezahlten wir mit insgesamt 35 €. Diese Währung war dem Fahrer lieber.

 

Um ganz  sicher zu gehen, am nächsten Morgen auch pünktlich am Start zu sein, erkundeten Margit und ich erst einmal den Weg vom Hotel dorthin. Wir mussten zwar etwas suchen, weil der Start nicht vor dem Parlamentsgebäude wie beschrieben aufgebaut wurde, sondern ein paar hundert Meter weiter vor einem Einkaufszentrum, aber letztendlich waren wir unserer Sache sicher.

 

Dann begann der gemütliche Teil des Tages. Wir erkundeten die Altstadt, die voller kleiner Geschäfte, Restaurants und Basars war. Später steuerten wir wieder Richtung Hotel, das ganz in der Nähe lag, und speisten genüsslich in einem Restaurant, direkt daneben. Die Temperaturen lagen tagsüber bei 30 Grad. So konnten wir draußen essen.

Für umgerechnet 25 € kann man hier zu zweit fürstlich speisen. Die Preise liegen im Allgemeinen etwa bei der Hälfte im Vergleich zu Deutschland.

 

So weit – so gut!

 

Leider konnte ich mal wieder nicht richtig schlafen:

Mein rechtes Knie, das seit letzter Woche zwickte, bereitete mir Sorgen. Ich wusste, dass es Zeit wurde, mal wieder etwas „Knorpel aufzufrischen“. In meiner Verzweiflung suchte ich noch am Freitagmorgen meinen Sportarzt auf und bat ihn, mir das entsprechende Aufbaupräparat zu spritzen. Dieses Produkt nimmt zwar keine Schmerzen, ersetzt aber den Knorpel. Der Arzt verabreichte mir die Spritze. Jetzt blieb nur noch zu hoffen, dass das Ganze noch rechtzeitig war…

 

Am nächsten Morgen trafen wir am Start wieder unsere englischen Bekannten. Um neun Uhr starteten David und ich auf die 42 km-Strecke, während Margit und Susan zurückblieben. Ich nahm meine Digitalkamera mit, um auf der ersten von zwei Runden ein paar schöne Fotos zu schießen.

 

Die Sonne schien, und die Stimmung war gut. Die Strecke führte uns nach ein paar Kurven aus der Innenstadt heraus und wurde immer übersichtlicher, weil wir im Wesentlichen auf langen Geraden, aber auf der Hauptstraße liefen. Die Halbmarathonis waren ebenfalls mit uns gestartet, so dass eine muntere Truppe unterwegs war. Ich hörte natürlich vom ersten Meter an in meinen Körper mit Schwerpunkt Knie. Eigentlich fühlte ich keinen Schmerz,  ich war mir aber alles andere als sicher. Häufig legte ich eine Fotopause ein, was sich natürlich zeitlich bemerkbar machte. Aber das war Nebensache. Ich schloss immer wieder zu David auf. Nach etwas 9 bis 10 km war ein Wendepunkt, und wir liefen teilweise mit Gegenverkehr wieder zurück Richtung Innenstadt. Dort waren wir wieder bei km 13. Ich gab Margit eine kurze Zwischenbilanz und weiter ging es am anderen Ende aus der Stadt heraus.

Seit dem ersten Wendepunkt herrschte ein starker Gegenwind, der uns sehr zu schaffen machte. Auf dem zweiten Teil ging es nach 2 Kurven wieder auf eine lange Gerade. Die führenden dunkelhäutigen Läufer kamen uns entgegen. David hatte mir inzwischen zu verstehen gegeben, dass er langsamer laufen wollte. Daher lief ich jetzt im Wesentlichen alleine, schoss aber immer noch Fotos. Nach 2 h und 3 min hatte ich die erste Runde hinter mir. Ich war überglücklich, dass mein Knie noch mit machte, und übergab meine Kamera an Margit, bekam dafür mal wieder ein Gel. Außerdem hatte Margit Cola besorgt – eine sehr gute Idee, für die ich sehr dankbar war. Dann begab ich mich auf den zweiten Teil – wer weiß, vielleicht klappt es ja noch unter 4 Stunden…

 

Von der Organisation war ich sehr positiv überrascht: So enttäuscht ich bei der Startnummernausgabe war, so gut war die Durchführung. Es mangelte an nichts. Die großen Straßen, auf denen wir liefen, waren von viel Polizei abgesperrt.

 

Hier in Skopje will man offensichtlich alles gleichzeitig aufbauen: große monumentale Gebäude, die Straßen, ja, die gesamte Infrastruktur. So sind z.B. viele Straßen aufgefräst und warten darauf, geteert zu werden. Zum Glück waren die Straßen, auf denen wir liefen, in Ordnung.

 

Jetzt auf der zweiten Hälfte verteilten sich knapp 100 Marathonis auf 21 km, mal wieder ein einsames Rennen. Ich versuchte zwar mich von Läufer zu Läufer zu hangeln, aber oft war der nächste 500 m oder weiter vor mir…

 

Dennoch steuerte ich gut gelaunt wieder auf den ersten Wendepunkt zu. Km 30 war erreicht und ich war mir ziemlich sicher auch das Ziel zu sehen. Wäre auch schade gewesen, wenn der ganze Aufwand nahezu umsonst gewesen wäre!

Die 4h-Marke schien erreichbar. Aber der Wettergott entschied anders:

Nach dem Wendepunkt löste ein scharfer Gegenwind die sehr warmen Temperaturen ab. Meine km-Zeiten stiegen auf 6 min und mehr. Dazu wurde Staub und Dreck aufgewirbelt, welcher jetzt versuchte mir die Augen und die Nase zu verschließen.

Stellenweise tat ich dies von alleine.

Einige meiner Kolleginnen und Kollegen begannen zu gehen, während ich mich eisern zurück zur Innenstadt kämpfte. Bei km 34 traf ich wieder Margit, die den Wind ebenfalls als sehr unangenehm, sogar kalt empfand.

Dieser wurde nun immer stärker. Doch in mir wurde die „Kampfsau“ wach: Diesen Marathon werde ich mitnehmen, egal wie!! Je schwerer es wurde, desto größer wurde auch mein Kampfgeist. Jetzt begannen auch Wolken die Sonne zu verdecken, die Temperaturen fielen.

 

Am letzten Wendepunkt bei km 38 kam der Wind wieder von hinten: schlagartig begann ich wieder zu schwitzen. Dann sah ich auch wieder David im Gegenverkehr, aber er mich nicht: er kämpfte, aber auch er sollte es schaffen.

Nach 4:04 h sah ich die Ziellinie. Ich hatte den Skopje-Marathon!! Stolz erfüllte mich. Und ich schickte ein dickes „Danke“ an den Marathon-Gott, der mich mal wieder gut beraten hatte…

 

Nach einer kurzen Pause gingen Margit und ich zurück zum Hotel, die frisch erlaufene Medaille um den Hals. Das Salz musste runter. Danach wollten wir zu Fuß die Festung besichtigen, mussten aber dort feststellen, dass sie geschlossen war. So  spazierten wir noch ein wenig durch die alte und die neue Stadt – bis es anfing zu regnen. Also zurück ins Hotel, und zum Abendessen gab es diesmal eine schöne Flasche mazedonischen Rotweins.

 

Am nächsten Abend endete dann unsere kleine abenteuerliche Reise gegen 22:30 h in Völklingen.

 

Übrigens: Obwohl die größte Religionsgemeinschaft in Mazedonien der Islam ist, sieht man so gut wie keine Frau mit Kopftuch. Das soll mal jemand verstehen. Aber Gott sei Dank wohne ich ja in Völklingen. Da ist die Welt noch in Ordnung!!

 

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