Bericht über den 13. Siracusa-Marathon am 29.01.2012

 

Auf der Suche nach einem „neuen“ Marathon bin ich vor einigen Wochen auf einen Lauf in Italiens Süden gestoßen: In Siracusa auf Sizilien sollte der 13. Marathon stattfinden. Ich versprach mir davon auch wärmere Temperaturen als hierzulande.

 

Doch das Wetter wurde dann so vorausgesagt, dass man sich überlegen musste, ob man nicht besser zuhause bleiben sollte: starker Regen mit Böen bis zu 55 km/h!!

Doch: gebucht ist gebucht! Kneifen gilt nicht! Vielleicht lässt sich der Marathongott ja noch was einfallen…

 

So starteten Margit und ich am frühen Samstagmorgen mit dem Auto zum Flughafen Stuttgart. Von dort flog uns AirBerlin nach Catania, wo uns kurz vor der Landung der Ätna empfing. Er überragte die Wolken und qualmte etwas. Den Rest der Anreise erledigten wir dann mit einem Mietauto.

 

Nach dem Einchecken im Hotel begaben wir uns zu Fuß zur Startnummernausgabe. Dazu muss man erwähnen, dass sich alle wichtigen Örtlichkeiten des Marathons auf der direkt vorgelagerten Insel Ortigia befinden. „Unser“ Hotel lag auch mittendrin. Start sollte am Piazza Duomo sein, Ziel am Tempel des Apollo – alles in greifbarer Nähe.

 

Da das Wetter noch hielt, erkundeten wir Ortigia (Weltkulturerbe) und Siracusa selbst. Abendessen gab es im Restaurant nebenan.

 

Am nächsten Morgen wurde es früh hell, aber die Wolken, die draußen lauerten, waren stockdunkel. Mir schwante Übles.

Als wir dann zum Frühstück in eine Bar wackelten, blies uns ein kräftiger Wind entgegen. Daher stand für mich auch gleich die Kleiderordnung fest: Wintermütze, lange Hose, Jacke und Handschuhe. Devise: irgendwie durchkommen!!

 

25 min vor dem geplanten Start um 9 Uhr bewegten wir uns dann Richtung Piazza Duomo. Es herrschte schon ein munteres Treiben. Kein Wunder: Schließlich waren wir auf Sizilien!

Der Start verzögerte sich um 15 min. Keiner wusste, warum.

Eine Handvoll Italiener, die im gleichen Hotel übernachteten wie wir, animierten mich, meine Jacke auszuziehen und mich warm zulaufen. Ich beschränkte mich aber auf ein lockeres Dehnen.

Schließlich stand ich dann hinter der Startlinie. Aber es kamen mir starke Bedenken bezüglich meiner Laufkleidung. Es wurde überraschenderweise wärmer, die großen dunklen Wolken waren nicht mehr auszumachen. Sie wichen einer harmlos wirkenden Schleierbewölkung. So entschied ich spontan, meine Jacke, Handschuhe und Mütze auszuziehen und sie Margit in die Hand zu drücken. So stand ich nun also da in langer, aber dünner Hose, einem langen, dünnen Unterhemd und einem Funktionsshirt.

 

Dann fiel der Startschuss! Gut 100 Marathonis und ein paar hundert Halbmarathonis rasten jetzt los! Es begann – ein aus unserer Sicht – undiszipliniertes Hetzen, Rempeln, Johlen! Das Ganze wurde noch verstärkt als wir in die schmalen Gassen der Insel stürmten. Es staute sich schlagartig! Pfosten und Ketten, die gespannt waren, machten das Ganze zu einem wahren Hindernislauf. Hundekacke wurde verteilt. Katzen rasten in heller Panik durch die Läuferbeine, ohne wirklich zu wissen, wohin sie flüchten sollten. Solch ein Chaos hatte ich noch nicht erlebt!!! Aber ich war mittendrin!!

Nur langsam löste sich das Feld etwas auf. Den ersten km hatte ich dann in 5:41 min absolviert. Insgesamt liefen wir auf unserer Insel 2, 5 Runden, was etwa 5 km entsprach. Dann ging es über eine Brücke Richtung Stadt Siracusa mit dem Ziel irgendwo in ruhigere Gefilde zu kommen. Doch bis dahin waren noch ein paar km zu laufen. Die Polizei sperrte die vielen Kreisel, die wir zu durchlaufen hatten. Aber dies passte den Autofahrern natürlich nicht. Es wurde pausenlos gehupt, geschimpft, mit Polizisten diskutiert, wieder gehupt!! Das Ganze wiederholte sich an jeder Kreuzung und an jedem Kreisel. Ein ruhiger Sonntagmorgen sieht anders aus!

Ich schaute zwar zwischendrin mal auf meine Uhr, aber ich hätte zu diesem Zeitpunkt nicht sagen können, ob ich gut oder schlecht unterwegs war. Dann verpasste ich auch noch irgendwie km 10.

 

Aber ich lief und dann hatte ich auch mal Gelegenheit in mich hineinzuhören: Schmerzen verspürte ich nicht; nein, ich fühlte mich eigentlich gut, und ganz langsam fand ich auch meinen Rhythmus. Bei km 14 liefen wir plötzlich nach links, und nach ca 300 m wieder zurück. Das Ganze war ein organisatorischer Trick: Auf dem Rückweg war nämlich die Streckenteilung: Marathonis wieder nach links, Halbmarathonis nach rechts. So kam es nicht zu Kollissionen.

 

Nach der Teilung wurde es merklich ruhiger. 200 m vor mir sah ich einen Läufer, und 200 m hinter mir einen anderen. Ganz plötzlich war ich allein mit mir. Tja, und da war noch jemand: die Sonne! Jetzt wurde mir klar, dass das Wetter halten würde. Mit starkem Regen und Wind rechnete ich jetzt nicht mehr. Ganz im Gegenteil: ich begann zu schwitzen!

Aber das war nicht schlimm. Ich mag es gerne etwas wärmer. Ab und zu trocknete mich der Wind, der hie und da doch etwas heftig auffrischte. Nun hatte ich auch mal die Gelegenheit mich um meine km-Zeiten zu kümmern: sie lagen zwischen 5:05 und 5:20 min/km, also doch recht flott. Ab und zu mussten wir auch mal etwas heftiger bergauf laufen, aber dies war immer relativ kurz. So erreichten wir bald eine Brücke. Auf der anderen Seite war eine V-Stelle, aber auch eine Kontrollstelle. Wir wurden zunächst neben der Schnellstrasse auf eine gerade Passage geführt.

 

Dann wurde ich plötzlich überholt. Irgendwie kamen jetzt von hinten ein paar flotte Läufer. Das Geheimnis lüftete sich bald: Wir liefen hier zwei 5-km-Schleifen, und die schnelleren Läufer hatten bereits eine Runde hinter sich.

Dann wurde es wieder ruhiger um mich. Meine Zwischenzeit bei Halbmarathon rechnete ich schnell hoch: Das Ganze mal zwei ergab eine mögliche Endzeit von 3:44 h. Unter 3:50 h war also doch noch locker möglich. Aber es galt abzuwarten. Vor zwei Wochen in Pulheim bekam ich nach 25 km dicke Beine.

 

So lief ich ruhig weiter und genoss die Landschaft. Leicht wellig ging es jetzt weiter, und ich bewunderte die Orangen- und Zitronenplantagen. Die Bäume hingen voller reifer Früchte. Artischocken wuchsen. Frühlingsblumen, auch solche deren Namen ich nicht kannte, blühten. Die herrlichen Strelitzien erfreuten meine Augen. Der Marathon begann mir Spaß zu bereiten. Dann war auch schon die erste 5-km-Schleife erledigt.

 

Zügig begann ich die zweite Schleife, ich überholte 2 andere Läufer. Ein Blick auf die Uhr sagte mir nun km-Zeiten knapp über 5 min an. Schon war ich wieder an der Brücke und damit bei km 30.

Ich fühlte mich wohl, und ich fühlte mich stark. Zwar wollte ich nichts überstürzen, aber bei nur noch 12 km wollte ich mich auch nicht unnötig bremsen. Wenns doch Spaß macht!

 

Jetzt wollte ich auch noch unter 3:45 h bleiben. Wer weiß, wann die Chance wieder kommt! Km jagte km, aber die Stadt wollte nicht auftauchen. Also blieb ich geduldig. Es lief weiter gut. Zwar spürte ich das ein oder andere Zwicken im rechten Bein, aber die Endorphine, die sich langsam in mir aufbauten, gaben dem Schmerz keine echte Chance! Ich werde hier und heute eine gute Zeit laufen, allen Unkenrufen zum Trotz. Und niemand würde mich daran hindern!

So bog ich dann siegesgewiss auf die lange Zielgerade ein.

Als ich meine Uhr anhielt, zeigte sie eine Zeit von 3:40 h an – kaum zu glauben, aber wahr!

Margit hatte mich zwar noch nicht erwartet, war aber trotzdem schon im Zielbereich.

Sie hatte sich die Zeit mit einer hier zugereisten neuen Bekannten vertrieben und u.a. das Castello von innen besichtigt. Damit hatte auch sie einen interessanten Vormittag.

Für mich steht aber auf jeden Fall eines fest: Ich bin wieder da (wenn auch noch etwas wackelig)!!

 

Nach einem schönen sizilianischen Bier wurde geduscht und per Spaziergang das immer noch schöne Wetter ausgenutzt. Erst in der Nacht sollte es zu regnen beginnen. Am nächsten Morgen war es dann endgültig da: das Wetter, das für den Sonntag angekündigt war. Später goss es in Strömen und ein heftiger Wind begleitete uns auf dem Weg zum Flughafen.

Dann galt es „arrivederci“ zu sagen. Der Flieger hob ab. Wir verließen den Frühling und landeten im Winter.

 

 

Zusammenfassung:

Strecke: flach bis leicht wellig, vorwiegend Asphalt, teilweise großes Kopfsteinpflaster

Wetter: ca. 15 Grad, trocken

Verpflegung: Wasser, Iso, Cola, Obst,

Organisation: gut, viele Helfer

Duschen: im Hotel

Zuschauer: im Start- und Zielbereich einige, unterwegs kaum

Medaille: ja,  plus Rucksack mit Nudeln, Honig, Gel usw.

T-Shirt: Baumwoll-T-Shirt

Startgeld: für Marathon 26 €

 

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