Bericht über den Bienwald-Marathon in Kandel am 10.03.2013

 

 

Im letzten Jahr lief ich hier eine 3:33 h; ein prima Start in die Laufsaison!! Leider konnte ich diese Zeit nicht mehr toppen. Die Gesundheit spielte einfach nicht mit: bald folgte eine Lungenentzündung, die von Schmerzen im linken Bein abgelöst wurde.

Im Herbst ereilte mich ein Muskelfaserriss, worauf ich die Saison beendete und 8 Wochen Pause machte.

Nach einer solch langen Pause kam ich nur schwer in Gang. Kaum witterte ich etwas Morgenluft, geschah das Unfassbare:

 

Meine liebe Frau Margit erlitt eine Hirnblutung, 10 Tage später einen Schlaganfall!

Für mich brach eine Welt zusammen: Angst um das Leben meiner Margit quälte mich ununterbrochen. Schlimme Gedanken verfolgten mich Tag und Nacht. Erinnerungen an all unsere schönen Erlebnisse im In- und Ausland wurden wach. Leider konnte ich diese schöne Zeit mit Margit erst kurz genießen! Soll das jetzt schon alles vorbei sein?

Aus der Angst wurde große Angst! Ich selbst war nicht in der Lage irgendetwas zu planen. Dennoch musste einiges an „Verwaltungskram“ erledigt werden. Also: zusammenreißen; das tun, was getan werden muss! Margit lag 5 Tage im künstlichen Koma. Dann wachte sie langsam auf. Erste Erkenntnisse: Lähmung der rechten Seite, Sprachprobleme, aber sie lebt, sie erkennt mich – ein erstes positives Zeichen!!

 

Erst 3 Wochen nach der Not-OP ist die Gefahr vorbei; 3 Wochen Intensivstation – 3 Wochen, die nicht nur an Margit gezehrt haben. Und die eigentliche „Arbeit“ steht uns erst bevor!

Fragen über Fragen kommen auf uns zu. Nur die Zeit wird sie beantworten. Aber etwas Zeit ist auch schon vergangen. Heute, da ich diese Zeilen verfasse, haben wir alle neuen Mut gefasst: Margit spricht. Sie kann sich an alles, was vorher war, erinnern. Der Kalender kommt langsam wieder. Das Kurzzeitgedächtnis macht noch Probleme. Die rechte Seite kann sie etwas bewegen. Seit 3 Wochen befindet sie sich in der Früh-REHA in Kusel. Sie kann lachen, weiß aber nicht, was mit ihr genau passiert ist. Sie will es auch gar nicht wissen. Hat Zeit!

 

Woher ich den Mut genommen habe,  jetzt an einem Marathonstart zu stehen mit dem Ehrgeiz ihn auch zu Ende zu laufen, weiß ich nicht. Das Wetter war optimal. Es war trocken, die Temperaturen lagen bei durchschnittlich 10 Grad.

Auf die Strecke will ich heute nicht mehr detailliert eingehen. Ich würde mich nur wiederholen.

Beim Start fand ich mich jedenfalls beim 4 h-Pacer wieder. Hinter ihm trollte sich eine  muntere, recht große Schar von Läufern, die die 4 h knacken wollte. Ich traute es mir eigentlich nicht zu, aber da ich jetzt schon mal unter ihnen war, konnte man es ja versuchen.

 

Wir liefen wie gewohnt aus Kandel heraus, wieder hinein, dann über die freie Fläche über die Landstraße nach Minfeld. Von dort ging es wie immer Richtung Wald, wo wir das Naturfreundehaus ansteuerten. Hier sind jedes Jahr ein paar Fans anwesend.

 

Bei km 8 oder so führte uns der Streckenverlauf nach rechts auf eine lange Gerade Richtung Ortsteil Schaidt.

 

Ich war immer noch bei den 4 h-Läufern. Das war okay, auch wenn es an den V-Stellen immer ein großes Gedränge gab.

Schließlich erreichten wir bei Schaidt den ersten Wendepunkt. Die Halbmarathonis hatten ihren bereits auf der Gerade und liefen jetzt schon munter Richtung Ziel.

Wir bogen  dagegen erst auf dem Rückweg ab, allerdings nach rechts. Schließlich hatten wir hier erst km 21. Ein lang anhaltendes Piepsen verriet, dass unsere Gruppe noch immer sehr groß war.

Unser Pacemaker war langsam in seinem Element. Er gab Ratschläge aber auch ein paar Kalauer zum Besten. Er freute sich, dass er möglicherweise eine große Gruppe ins Ziel bringen würde. Ich war auch mal Pacemaker beim Saarbrücken-Marathon. Damals brachte ich lediglich den Luftballon ins Ziel…

Immerhin: dies gelang unserem Pacemaker heute nicht. Die Luft ging ihm aus, dem Luftballon.

 

Bald erreichten wir den 2. Wendepunkt. Unser Chef zählte brav die verbleibenden km runter, wollte uns Mut machen.

Dann kamen wir wieder auf die Hauptstraße, die elend lange Hauptstraße, die jedes Jahr länger wird. Wir waren nun bei km 33. Ich fühlte mich gut, hatte aber eine andere Uhr als unser Meister. Während er die km-Zeiten bei 5:34 sah, erlebte ich sie auf meiner Uhr bei 5:44.

 

Dann kam km 33 mit einer V-Stelle. Ich verpflegte recht flott und fand mich daher an der Spitze unseres Feldes. Schnell fiel die Entscheidung: „Günni, gib Gas!“ ging es durch meinen Kopf.  Also erhöhte ich das Tempo, auch um sicher zu sein auf jeden Fall unter 4 h zu bleiben. Wenig später hörte ich zum letzten Mal die Stimme unseres Pacemakers: „Günni, bleib bei uns!“ rief er.

Woher sollte er auch wissen, dass ich jetzt im Begriff war, meinen 267. Marathon zu finishen?

Die lange Gerade wollte mal wieder nicht enden. Lediglich die km-Schilder signalisierten mir, dass ich km um km dem Ziel näher kam. Aber so langsam begannen auch bei mir die Kräfte nachzulassen.

Trotzdem war ich bestimmt immer noch so schnell wie die anderen. Und dann war da ja noch was: Ich wollte nach dem Lauf zu meiner Margit. Schließlich lag Kusel ja fast auf dem Heimweg.

 

So durfte ich die elende Gerade auch bald nach links verlassen. Nun waren es nur noch 4 km, die gleichen wie jedes Jahr. Nach 3:55 h lief ich zum ersten Mal als M60er über die Ziellinie – in der Gewissheit einen guten Marathon gelaufen zu sein.

Dann schnell geduscht, kurz verpflegt und ab nach Kusel.

 

Ich hatte mir vorgenommen Margit jeden Tag zu besuchen, auch wenn es von Völklingen etwas mehr als 80 km entfernt liegt. Einige zweifeln daran, dass ich das durchhalten werde. Ich weiß, dass ich es schaffe. Das Zauberwort ist wohl ziemlich abgegriffen, aber genauso einfach: Liebe! Außerdem bin ich ja nicht irgendeiner, ich bin ein Marathoni!!!

Und ich bin bereit einen Marathon der besonderen Art anzugehen!

 

Daher rufe ich allen zu, die ebenfalls eine schwere Zeit durchleben:

 

„Kopf hoch, auch wenn der Hals dreckig ist!!“

 

 

 

 

 

 

Zusammenfassung:

Strecke: flach, vorwiegend Asphalt

Wetter: ca. 9 - 12 Grad, trocken

Verpflegung: Wasser, Iso, Cola, Obst,

Organisation: gut, viele Helfer

Duschen: in der Halle

Zuschauer: im Start- und Zielbereich einige, unterwegs kaum

Medaille: ja - gegen Aufpreis

T-Shirt: Funktions-Shirt

Startgeld: für Marathon 29 €

 

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