Bericht über den 9.
Marathon in Chemnitz am 03.07.2016
Seit ca. 2 Jahren
habe ich eine besondere Beziehung zur Stadt Chemnitz: Mit meiner Frau Margit
fahre ich in ziemlich regelmäßigen Abständen hierher, weil ich gehört hatte,
dass es hier eine Therapeutin gibt, die Margit nach ihrem schweren Schlaganfall
wieder zum Laufen verhelfen kann.
Leider ist es immer
noch nicht soweit, aber es ist alles schon viel besser geworden; auch der
kognitive Bereich hat sich stark verbessert: Sie kann sich sehr gut
artikulieren, sogar ihr Kurzzeitgedächtnis ist nach sage und schreibe 3 Jahren
wieder erwacht und wird von Tag zu Tag besser!
Zurzeit hat sie ein
neues Problem: ihr Kreislauf spielt etwas verrückt, so dass wir die Behandlung
manchmal früher beenden mussten. Trotzdem macht sie Fortschritte, und deshalb
werden wir die Therapie auch nicht
abbrechen. Aber wenn wir wieder zuhause sind, werden wir der Ursache auf den
Grund gehen. Es liegt mit Sicherheit nicht an der Therapie, da diese Symptome
auch schon zuhause gelegentlich auftraten.
Für mich stand
außerdem das 300. Marathonjubiläum an. Ich selbst hatte es aufgrund der Termine
für Molsheim im Elsass geplant. Aber dafür hätte ich vorher den 299. Marathon
laufen müssen. Dieser wiederum war in Mönchengladbach vorgesehen. Der wurde
aber zu meinem Leidwesen kurz vorher wegen einer Unwetterwarnung abgesagt.
Daher war Molsheim der 299. Marathon und Chemnitz wurde zu meinem
Jubiläumsmarathon.
Ich habe ja schon
immer gewusst, dass unsereiner planen kann, wie er will: es gibt eine höhere
Instanz, und das muss ja nicht nur Schlechtes bedeuten.
So kam es, dass ich
mit meiner lieben Margit zum neunten Mal in Chemnitz zur Therapie auftauchte
und gleichzeitig der neunte Chemnitzer Marathon stattfand.
Diesmal reisten wir
nicht wie sonst am Wochenende an, sondern mittwochs, weil wir ansonsten keinen
Behandlungstermin bekommen hätten.
Wegen der etwas
komplizierten Termine, die nun auch das Wochenende umfassten, stand für Margit
am Sonntag Therapie auf dem Plan, für mich der Marathon.
Daher verabschiedete
ich mich von ihr und ihrer Therapeutin Silke Thar gegen 8:30 Uhr. Der Start war
um 09:30 Uhr, aber man benötigt ja auch noch einen Parkplatz. Den fand ich dann
auch in der Nähe des Startes und des Fitness-Centers, in dem später das Duschen
erlaubt sein sollte. Es war ein Behindertenparkplatz. Mit Margits Ausweis parkte ich dort sogar fast
regelkonform. Bis auf die Tatsache, dass die Behinderte nicht dabei war. Aber
wer weiß…
Meine Startunterlagen
hatte ich bereits am Tag vorher in der Galerie Roter Turm im obersten
Stockwerk, der Kino-Etage, abgeholt. Von einer Marathonmesse kann man hier beim
besten Willen nicht sprechen.
Die Überlegungen, die
ich anstellte, bezogen sich auf meine Laufkleidung. Vor Ort entschied ich dann
aber, aufgrund der doch schon höheren Temperaturen: kurze Hose und LTF-Trikot.
Eigentlich hatte ich es aufgrund des Regens am Vortag kühler erwartet.
Mit der Teilnahme
unterstützt man soziale Projekte in der Region. Der Chemnitz Marathon ist eine
Non-Profit-Organisation der Chemnitz Lions, die sich zum Ziel gesetzt hat, für
jeden gelaufenen Kilometer 1 Euro zu spenden.
Der Startschuss wurde unmittelbar vor dem Roten Turm und
pünktlich um 08:30 Uhr abgegeben. Mit mir starteten noch ca. 100 andere
Einzelläufer und die Marathon-Teams, also ein sehr überschaubares Feld.
15 min später wurden dann die Halb- und Viertelmarathonis
losgelassen.
Der Streckenverlauf ist schnell erklärt:
Zunächst liefen wir über Kopfsteinpflaster durch die
Innenstadt. Die Strecke führte uns aber bald Richtung Stadtwald. Nach ca. 1,5
km erreichten wir die Kreuzung Annaberger Straße/Reichsstraße. Hier bogen wir
rechts ab, um über einen ansteigenden Bogen die Straße über eine Brücke zu
überqueren. Hier hatte ich natürlich noch keine Probleme, dachte aber an die
vierte Runde…
Damit erreichten wir den Stadtwald. Hier gab es
abwechselndes Geläuf: sowohl Asphalt,
als auch Schotter oder sonstige befestigte Wege. Hie und da eine Pfütze, aber
insgesamt prima zu laufen, nicht so uneben, schlammig und hügelig wie bei
meinen letzten Läufen.
Im Stadtwald gab es zwei Schleifen zu durchlaufen mit einem
Wendepunkt. Im Wald selbst gab es wenig Abwechslung. Man entdeckte die in oder
andere Waldschänke, mehrere Radfahrer und Spaziergänger, aber auch mal ein paar
Schrebergärten.
Die V-Stellen waren gut besetzt. Das wichtigste für mich: Es
gab auch Cola.
Nach 8 km war man wieder in der Stadt – mit wenig Schatten –
gegen Ende dann die Innenstadt mit dem üblichen
Kopfsteinpflaster. Ich habe in meinen vielen Besuchen hier mit Margit schon so
über dieses Pflaster geschimpft, weil es für Rollstuhlfahrer mehr als eine
Zumutung ist. Ich glaube, daran liegt es vielleicht, dass man in einer solch großen Stadt wie Chemnitz,
kaum Rollstuhlfahrer sieht, aber auf der anderen Seite jede Menge Autos von
Pflegediensten…
Nach 55 min und 10,5 km hatte ich dann die erste von vier
Runden hinter mir. Dann kam mir plötzlich etwas „sächsisch“ sprich spanisch
vor: der Ansager erzählte nun, dass der Läufer mit der Startnummer 40053 Günter
Pink von den LTF Köllertal sei und heute seinen 300. Marathon absolviere. Frage:
Woher weiß der das???
Für mich gab es keine andere mögliche Antwort: Margits Therapeutin Silke hatte gequasselt!
Aber wenn das so wäre, käme doch bestimmt noch etwas, aber
was???
Nun gut, ich startete ohne weiteren Schuss in die nächste
Runde.
Ich hielt mich zunächst hinter einem Läuferpaar und bemerkte
gar nicht wirklich, dass sich das Tempo zwischenzeitlich auf 5:19 min/km erhöht
hatte. Das hätte eine Endzeit von 3:45 h bedeutet. Das hatte ich mir eigentlich
nicht zugetraut.
Einige körperliche Probleme – vom Ziehen im linken
Oberschenkel bis zum Zwicken und im rechten Knie – ließen mich zweifeln, ob ich
diesen Lauf überhaupt unter 4 h beenden könnte. Deshalb waren diese 4 h mein
eigentliches Zeitziel!
So ließ ich die beiden ziehen. Dafür klemmte ich mich
zeitweise hinter Theresa, soviel verriet
ihre Startnummer. Wir begleiteten
uns einige Kilometer, mal sie vorne, mal ich hinten.
Irgendwann wurde mir dann aber ihre/unsere Geschwindigkeit
so langsam, dass ich sie überholte.
Zwischenzeitlich wurden wir allerdings heftig überholt,
nämlich von den inzwischen gestarteten Viertel- und Halbmarathonis.
An diesem Tag sind aber insgesamt ca. 600 Läufer/innen
weniger gestartet als im letzten Jahr. Ich denke, das lag hauptsächlich am
Fußballtag zuvor: Halbfinale Deutschland-Italien mit Verlängerung und
Elfmeterschießen.
Während von 88 gemeldeten und wahrscheinlich mehr
gestarteten Marathonis immerhin 86 das Ziel erreichten, sind insgesamt 600
Teilnehmer weniger auf den kürzeren Distanzen ins Ziel gekommen bzw. gestartet.
Aber mir war dies ziemlich gleichgültig: Ich wollte heute
meinen 300. Marathonlauf erleben. Inzwischen
hatte sich meine Laufgeschwindigkeit auf 3:35 min/km eingependelt – ein
Kompromiss, den ich eingehen musste, weil ich zurzeit einfach nicht besser in
Form bin.
Als ich die 3. Runde beende, schaue ich mich um, ob ich
nicht irgendjemand erkenne, der dahinter steckt, was mein Jubiläum angeht…
Ich entdecke aber niemand. Somit mache ich mich also
fröhlich auf die letzte Runde, die Strecke kennt man ja.
Die kleinen Erhebungen über die genannte Brücke machen aber
immer mehr Probleme.
Aber es gelingt mir mit guter Atemtechnik das ganze ohne Zeitverluste zu überstehen.
Nun war ich aber gespannt auf den Zieleinlauf: und der war
trotz weniger Zuschauer überwältigend: kurz vor der Ziellinie stand meine
Margit im Rollstuhl mit Uwe, dem Ehemann von Silke, und jubelte mir zu.
Ich hielt kurz still und knutschte sie. Auf sowas hatte ich
schon lange gewartet.
Dann überquerte ich die Ziellinie, wo ich von Silke selbst
noch im Bild fest gehalten wurde.
Ich schnappte mir noch schnell ein alloholfreies Bier.
Dann noch eine Überraschung : Silke und Uwe hatten einen
Pokal anlässlich meines Jubiläums anfertigen lassen und überreichten ihn mir.
Vielen Dank an alle Beteiligten!
Das Ganze wurde noch mit dem Sieg in der AK M60 abgerundet.
Meine Zeit: 3:55:33 h.
Ich war zwar schon mal schneller, aber aufgrund der Umstände
sehr in Ordnung.
Am Abend rückten wir dann noch bei Silke und Uwe ein: zum
Grillen und zum Fußballgucken: Frankreich gegen Island.
Zusammenfassung:
Strecke: Marathon etwa 150
Höhenmeter, abwechselnd Asphalt und Forstwirtschaftswege, aber auch
Kopfsteinpflaster.
Wetter: ca. 14-20 Grad, heiter
bis wolkig, ein Regenschauer, hohe Luftfeuchtigkeit
Verpflegung: Wasser, Cola,
Obst, Iso
Organisation: gut
Duschen: im Fitnesscenter „4everFitness“
Zuschauer: nur in der Stadt
und im Ziel
Medaille: ja, aus Holz
T-Shirt: ja, Funktionsshirt
Startgeld: für Marathon 30
€, zusätzlich 10 € Spende
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